Mittendrin statt nur dabei.

Über unseren Blog „Mitten im Geschehen“ könnt ihr täglich aktuelle Neuigkeiten aus unserem Kinderheim Angels Home for Children in Sri Lanka erfahren. Sowohl die Projektleiter Frank und Julia als auch die Freiwilligen berichten hier über ihre Arbeit mit den Mädchen, witzige Begebenheiten aus dem Alltag oder auch über Besonderheiten aus einem Leben in Sri Lanka. Mit unseren Blogeinträgen möchten wir euch kontinuierlich auf dem Laufenden halten und teilhaben lassen, was wir dank eurer Hilfe mit dem Dry Lands Project e.V. für die Kinder hier erreichen. Viel Spaß beim Lesen!

Geschichten aus der Ausgangssperre

20200319_110941 Das Seifen-Spiel-Turnier war ein voller Erfolg
Es gibt auch gute News aus Marawila: Endlich hat es geregnet

Wenn ich mich an den Blogbeitrag denke, den ich vor gerade mal zwei Wochen über Corona geschrieben habe, bin ich fassungslos. Nicht über den Inhalt (das ist ja alles so passiert) oder den Ton (war zwar salopp, aber noch okay), sondern weil ich mich genau daran erinnere, wie ich das Corona-Thema in diesem Moment empfunden habe. Nämlich als etwas, das weit weg von hier passiert und mich persönlich nicht besonders betrifft. Tja, die Dinge ändern sich schnell momentan. Mein gestriger Tag drehte sich quasi um nichts anderes als Corona. Ich habe ja mittwochs frei, wollte ausschlafen, ein Ründchen mit dem Fahrrad fahren, einkaufen, lesen, auf der Dachterrasse relaxen. Mit relaxen war leider nichts, denn als ich aufwachte, fand ich auf meinem Handy zahlreiche besorgte Nachrichten vor. Ich war also den ganzen Vormittag damit beschäftigt, Familienangehörigen, Freunden und Bekannten zu versichern, dass ich mich hier vollkommen sicher fühle, gut versorgte werde und es keinen Grund für eine überstürzte Rückreise nach Deutschland gibt. (Ich weiß ihr meint es nur gut! Ich hab euch lieb.). Als das so halbwegs erledigt war, war ich mit den Nerven schon relativ am Ende. Was hilft meistens dagegen? Sport! Also rauf aufs Fahrrad und ab in die Stadt.  

Auf dem Hinweg erlebte ich ähnliches wie Julia: Ein paar Jungs riefen mir „Corona, Corona" hinterher und lachten. Wenigstens lachen sie noch, dachte ich so bei mir. Bereits auf dem Parkplatz des Supermarktes wurde mir klar: Ich bin nicht nur die einzige Weiße, sondern auch weit und breit der einzige Mensch ohne Mundschutz. Das, in Kombination mit den ängstlichen Blicken, die mir von allen Seiten zugeworfen wurden, war auf jeden Fall eine eher unangenehme Erfahrung. Ich musste in diesem Moment an den tollen Professor denken, der mein Auslandspraktikum begleitet und im Vorbereitungsseminar sagte: „Sie werden sich ganz bestimmt auch mal fremd fühlen. Aber das ist eine wertvolle Erfahrung, die dazu führt, dass man sich besser in andere hineinversetzen kann." Ich habe mich noch nie in meinem Leben fremder gefühlt.

Da hatten die kleinen Engel Spaß

Endlich im Supermarkt angekommen erwartet mich ein apokalyptisches Szenario (alle Deutschen können die nächsten Sätze getrost überspringen, euch kann man mit sowas ja eh nicht mehr schocken): Die Obst- und Gemüseabteilung war leergefegt, auf dem Boden standen Kisten, aus denen die Leute sich die besten Früchten heraussuchten und den Rest einfach auf dem Boden liegen ließen. (Es handelt sich eigentlich um einen sehr, sehr ordentlichen Supermarkt!) Trockene Produkte und Milch gab es gar nicht mehr. Die Kunden schubsten sich vor dem Seifenregal und Klopapier war, soweit ich das sehen konnte, auch keins mehr da. Ich bekam es langsam mit der Angst zu tun, da ich von solchen Zuständen in Deutschland bereits gehört hatte, auf Sri Lanka aber bislang noch nicht so eine Panik ausgebrochen war. An der Kasse stehend aktualisierte ich meine Sri Lanka-News Seite und hatte plötzlich eine Erklärung für das Chaos: Regierung hatte vor kurzem bekannt gegeben, dass über unseren Distrikt ab 16.30 Uhr eine Ausgangssperre verhängt wurde. Und zwar bis auf weiteres. Ich war also völlig unwissend zur schlechtesten Einkaufszeit überhaupt unterwegs! Irgendwie aber auch ein glücklicher Zufall: Ich habe mich daraufhin mit so viel Kaffee und Milchpulver (bin ja mal gespannt) eingedeckt, dass ich hier locker bis zum Herbst die Nacht zu Tage machen könnte.

Auf dem Rückweg kam es dann zu einem Zwischenfall, der mich persönlich am meisten irritiert hat. Ich fuhr den gewohnten Weg an der Beach Road zurück zum Angels Home. Normalerweise winken und lächeln die Leute hier um die Wette, wenn ich vorbeikomme. Heute liefen ein paar ältere Fischer, die gerade dabei waren, ihre Stände zu reinigen, als sie mich kommen sahen doch tatsächlich panisch auseinander! Da wäre mir das Rufen und Lachen vom Hinweg tatsächlich lieber gewesen. Auf jeden Fall auch noch mal eine ganz neue Erfahrung, von Menschen mit so viel Angst betrachtet zu werden. Zurück zu Hause im Angels Home machte ich dann das einzig richtige: Nämlich das Handy aus und Musik an. Den ersten Abend meines Lebens in Ausgangssperre verbrachte ich mit John Irving, Kerzen und selbstgemachtem Salat (ja, den vermisse ich hier!) unter dem tropischen Sternenhimmel. Könnte schlimmer sein.

Die Mädels bewiesen Geschick und Teamgeist...

Ich schlief zeitig ein und so tief und fest, dass ich von dem Wahnsinnsgewitter, das die kleinen Engel in Angst und Schrecken versetzte, nichts mitbekam. Dementsprechend überrascht war ich, heute Morgen einige Mädchen in den falschen Betten vorfand. Erst später fand ich heraus, dass die Mädels vor lauter Angst zu zweit oder dritt im Bett geschlafen hatten. Auch Julia war, gelinde gesagt, erstaunt, wie ich das Gewitter so einfach verschlafen konnte und zweifelte kurzzeitig an meinem Hörvermögen. Jetzt habe ich also auch hier den Ruf als bester Schläfer der Welt weg. Die Ausgangssperre wurde für den Zeitraum von 8.00 bis 14.00 Uhr übrigens wieder aufgehoben, sodass das einheimische Personal größtenteils ganz normal zur Arbeit erschien. Die heutige Aktion des Ferienprogramms war ein ganz besonderer Spaß: Ein Seifen-Spiel-Turnier. Dafür wurden die Mädels in zwei Gruppen á acht Mitglieder eingeteilt. Sie setzen sich im Kreis um einen mit Wasser gefüllten Bottich und mussten versuchen, mit den Füßen ein Seifenstück herauszuheben. Es traten immer zwei Gruppen parallel gegeneinander an, nach der Gruppenphase wurde die Platzierungen ausgespielt. Besonders schön: Beim Grand de Finale waren die beiden Gruppen haargenau gleichzeitig fertig, sodass wir zwei erste Plätze mit Süßigkeiten belohnen konnten.

Wir senden auch liebe Grüße aus dem Angel`s Home, bleibt schön zu Hause, aber lasst Euch die Laune nicht verderben! Und bleibt gesund!

... und alle hatten Riesenspaß
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Unterstützung im Angels Home
Ein kleiner Unfall

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