Mittendrin statt nur dabei.

Über unseren Blog „Mitten im Geschehen“ könnt ihr täglich aktuelle Neuigkeiten aus unserem Kinderheim Angels Home for Children in Sri Lanka erfahren. Sowohl die Projektleiter Frank und Julia als auch die Freiwilligen berichten hier über ihre Arbeit mit den Mädchen, witzige Begebenheiten aus dem Alltag oder auch über Besonderheiten aus einem Leben in Sri Lanka. Mit unseren Blogeinträgen möchten wir euch kontinuierlich auf dem Laufenden halten und teilhaben lassen, was wir dank eurer Hilfe mit dem Dry Lands Project e.V. für die Kinder hier erreichen. Viel Spaß beim Lesen!

Ein Gottesdienst wie ein Volksfest

IMG_0861_result Das ist nicht die Kirche, in der wir waren, sondern die größere
Jeden Tag sammeln die Mädchen frische Blüten zum Gebet.

Als Studierende der Evangelischen Religionswissenschaften war ich besonders gespannt, mehr über die religiösen Ansichten der Kinder und gelebten Glauben auf Sri Lanka zu erfahren. Schon im Alltag spielen religiöse Rituale im Angels Home eine große Rolle. Morgens nach dem Zähneputzen, abends nach dem Waschen und vor den Hauptmahlzeiten wird gemeinsam gebetet. Im Erdgeschoss befindet sich ein kleiner christlicher Altar, vor dem ungefähr 15 katholische Mädchen verschiedene Gebete rezitieren. Die restlichen Mädchen gehören dem buddhistischen Glauben an und finden sich im ersten Geschoss vor einer buddhistischen Opferstätte ein. Während des Gebets werden hier Kerzen oder Räucherstäbchen angezündet und Blumen, Wasser oder Früchte dargeboten. Leider konnte ich bislang noch nicht herausfinden, wie genau die buddhistischen Gebete heißen. Vielleicht kann ich dazu in der Tempel-Klasse am nächsten Vollmondtag mehr erfahren. Es geht auf jeden Fall darum, Glück, Gesundheit und Wohlstand für seine Familienangehörigen zu erbitten. Wie auch in vielen anderen Bereichen zeigen sich hier die unterschiedlichen Charaktere der Mädchen: Während einige ergriffen und mit geschlossenen Augen am Gebet teilnehmen und hinter noch sitzen bleiben, um persönliche Anliegen mit Buddha zu besprechen, scheint es für andere eher eine Pflichtveranstaltung zu sein.

Jesus wird hier in Sri Lanka (für deutsche Verhältnisse) oft ziemlich kitschig dargestellt...

​Am Sonntag durfte ich dann die katholischen Mädels in die Messe begleiten. Pünktlich zum Sonnenaufgang um 6.30 Uhr machten wir uns fein herausgeputzt auf den Weg. Was ich nicht wusste: An diesem Tag wurde der bisherige Pfarrer der Gemeinde verabschiedet und ein neues Gemeindeoberhaupt in Mudukatuwa begrüßt. Die „Our Lady of Fatima's Church" ist sehr idyllisch in einer Palmenplantage gelegen und beeindruckt Besucher mit einem prunkvollen Portal. Als wir uns der Kirche näherten war ich erstaunt über die Musik, die von allen Seiten ertönte und die Menschenmassen. Von kleinen Babies bis zu alten Damen waren alle piekfein herausgeputzt, für 7 Uhr morgens erstaunlich munter, beinahe aufgeregt und hielten Blumen und Geschenke in den Händen. Als ich Kumari fragte, ob das sonntags immer so sei, lachte sie und klärte mich über den Wechsel der „Fathers" auf. Gegen 7.30 Uhr stellte sich die Gemeinde im Spalier zu beiden Straßenseiten auf, sodass der neue Pater hindurchschreiten konnte. Vor ihm ging singend ein Kinderchor, hinter ihm eine Reihe wichtig aussehender Kirchenmänner und eine Kapelle. Kleine Kinder warfen Blumen von den Seiten. Nachdem die Prozession vorüber geschritten war, schlossen sich die Gemeindemitglieder dem Zug an und suchten sich einen Platz in der Kirche. Diese war aber schnell bis zum letzten Platz besetzt, sodass man sich Gartenstühle von den umliegenden Grundstücken holte oder einfach davor auf den Boden setzte. Manche Leute hatten in weiser Voraussicht Klappstühle mitgebracht.

...und Marienstatuen sind omnipräsent.
Vom Gottesdienst verstand ich dann erwartungsgemäß nicht allzu viel. Ich beobachtete stattdessen unauffällig die Menschen um mich herum. Die meisten, ältere sowie junge Leute, lebten die Messe intensiv mit. Als der alte Pfarrer sich verabschiedete, flossen nicht wenige Tränen. Und bei der Vorstellung des neuen, sehr jungen und charismatischen Geistlichen verrieten manche Gesichter echte Verzückung. Generell wurden viel mehr Emotionen gezeigt als in den Gottesdiensten, die ich aus Deutschland kenne. Was hier an diesem Morgen passierte, berührte die Gemeindemitglieder wirklich. Die Stimmung war fast wie bei einem Volksfest. Es wirkte so, als sei das kirchliche Leben für viele ein wichtiger Teil des Alltags und der neue Pater deshalb von persönlichem Interesse. Inwiefern der Glaube dann in den Familien weitergelebt wird, kann ich natürlich nicht beurteilen. Auf dem Heimweg unterhielten wir uns dann über Weihnachtstraditionen in Sri Lanka und Deutschland (ziemlich ähnlich, nur dass es im Angels Home erst nach der Mitternachtsmesse Geschenke gibt) und andere Religionen. Die Mädels konnten kaum glauben, dass sich in Deutschland immer mehr Menschen für den Buddhismus interessieren. Ich konnte kaum glauben, dass die Mädchen nicht wussten, was Juden sind. Als ich versuchte zu erklären, dass Jesus auch Jude war, führte das zu großer Verwirrung und ich ließ das Thema lieber auf sich beruhen. Das war auf jeden Fall mal ein Sonntagsausflug der ganz anderen Art!

Religiöse Grüße aus dem Angels Home,
eure Lisi.

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Ja, hier ist Corona mittlerweile auch Thema
Das lange Warten hat ein Ende

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