Behördengang – Klappe, die erste

Am 04.07.2022 haben Julia und ich uns aufgemacht nach Puttalam. Eine Stadt mit rund 45 000 Einwohnern, die etwa 74 Kilometer nördlich von Marawila liegt und der Sitzt des für unseren Distrikt zuständigen NGO Sekretariats ist (NGO = Non Government Organisation). Dieser Behördengang ist einmal im Vierteljahr und jedes Mal, wenn eine Freiwillige im Angels Home anfängt, nötig. Dann mal los!

Öffentliche Verkehrsmittel in anderen Ländern zu nutzen ist immer aufregend. Und ich wurde nicht enttäuscht. Da viele Singhalesen wegen des Benzinmangels aufs Fahrrad oder eben den Bus umgestiegen sind, war unsere Verbindung voller als sonst. Ich bin beeindruckt, wie selbstverständlich sich fremde Menschen aneinander vorbeidrängen und sich eng an eng in die Sitzbänke drücken. In Deutschland undenkbar und ich muss innerlich über vermeintlich „volle" S-Bahnen im deutschen Berufsverkehr schmunzeln.

Dass in Sri Lanka Kitsch hoch im Kurs steht, sieht man auch hier im Bus: Der Fahrerbereich ist behängt mit Metallglöckchen, Rosenkränzen und kleinen Ornamenten. Um die Deckenbeleuchtung wurden liebevoll eine Borte aus lilafarbene Stoffquasten angebracht, ein christliches Motiv ziert die Rückseite der Fahrerkabine und selbst die Sitze sind unter den Plastikschonern mit einer Art schnörkeligem Häkeldeckenmotiv bezogen.

Der Fahrer hupt öfter als er bremst und wir fließen mühelos mit dem Verkehr dahin. Die laute Musik und das gleichmäßige Rütteln machen mich schläfrig. Durch die geöffneten Türen und Fenster weht frische Luft hinein, es ist auch ohne Klimaanlage unerwartet angenehm im Bus. Mein Blick schweift über die Landschaft, die an uns vorbeifliegt: blühende Flammbäume am Straßenrand, mit einer efeuartigen Rankenpflanze überwucherte Strommasten, weite Wasserflächen mit Seerosen, Reisfelder, Palmenplantagen, eine Frau sitzt an ihrem Fischstand und wartet auf Kundschaft. Immer wieder reihen sich lange Schlangen aus Fahrzeugen vor geschlossenen Tankstellen.

Zum ersten Mal, seit ich hier bin, entdecke ich eine Moschee, die in unserer Gegend eher selten sind. Verschleierte Frauen an der Bushaltestelle machen mich nachdenklich. Von unseren derzeit vierzig Mädchen gehören alle, bis auf neun Katholikinnen, dem Buddhismus an. Ich frage mich, ob es überhaupt möglich wäre, die beiden weiteren Glaubensrichtungen in Sri Lanka, die muslimische und die hinduistische, mit all ihren Bräuchen und Riten im Angels Home „unterzubringen". Die Frage erübrigt sich wegen der sehr regionalen Verbreitung der Religionen allerdings.

Nach zwei Stunden Busfahrt sind wir da. Wieder staune ich, dieses Mal über zerfledderte Aktenberge, sonderbare Abheftungssysteme und einen Mülleimer, der so kaputt ist, dass ich mich frage, ob er überhaupt noch seinen Zweck erfüllen kann. Aber gut, auch das singhalesische Behördensystem scheint zu funktionieren. Auf jeden Fall wirken die Menschen weniger gehetzt. Unser Termin ist schnell erledigt. Nach einer halben Stunde Unterlagendurchsicht und zwei Unterschriften auf NGO-Bericht und Residence Visa-Antrag geht es wieder zwei Stunden im Bus zurück. Da an unserer Endstation nirgends ein Tuktuk zu bekommen ist, laufen Julia und ich über den von der Sonne aufgeheizten Asphalt zurück zum Angels Home. In der Küche finden wir noch zwei Portionen Mittagessen für uns, obwohl wir die übliche Essenszeit verpasst haben. Schön, wieder daheim zu sein =)