Mittendrin statt nur dabei.

Über unseren Blog „Mitten im Geschehen“ könnt ihr täglich aktuelle Neuigkeiten aus unserem Kinderheim Angels Home for Children in Sri Lanka erfahren. Sowohl die Projektleiter Frank und Julia als auch die Freiwilligen berichten hier über ihre Arbeit mit den Mädchen, witzige Begebenheiten aus dem Alltag oder auch über Besonderheiten aus einem Leben in Sri Lanka. Mit unseren Blogeinträgen möchten wir euch kontinuierlich auf dem Laufenden halten und teilhaben lassen, was wir dank eurer Hilfe mit dem Dry Lands Project e.V. für die Kinder hier erreichen. Viel Spaß beim Lesen!
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Der Geschmack von Mandarinen

IMG_0749_result Mein Lieblingsbaum
Die schönste Zeit des Tages: Sonnenaufgang auf der Dachterrasse

Ich bin ja während einer ziemlich  im Angels Home angekommen (siehe Bericht von Julia) und war zu dieser Zeit auch die einzige Praktikantin hier. Tatsächlich fand ich es gar nicht schlecht, die ersten Tage allein in der Praktikanten-Unterkunft zu sein. Zum einen konnte ich so in Ruhe meinen Jetleg ausschlafen. Zum anderen war ich gezwungen, mir die Abläufe und Arbeitsweisen selbst beizubringen. Das habe ich als echt bereichernd empfunden, denn auf diese Weise ist man gezwungen, sich wirklich mit den Dingen auseinanderzusetzen, darüber nachzudenken und hat sie hinterher (meistens) verinnerlicht. Außerdem konnte ich mich so voll und ganz auf die Mädchen und die einheimischen Betreuerinnen einlassen, ohne vorher durch irgendwelche Meinungen beeinflusst zu sein. Oder hinterher direkt zu reflektieren und zu bewerten. Der Sprung ins kalte Wasser hat dazu geführt, dass ich mich bereits nach wenigen Tagen zu Hause gefühlt habe.

Auch der „Kulturschock", der hier manche ereilt, ist mir weitestgehend erspart geblieben. Natürlich ist hier vieles anders: Das fängt bei den Geräuschen und Gerüchen an und hört beim Linksverkehr noch lange nicht auf. Vermutlich ist es einfach Glück oder Zufall, aber ich finde die hier herrschende Andersartigkeit nicht beängstigend oder unangenehm, sondern spannend und in vielerlei Hinsicht wunderschön: Ich liebe es, dass hier oder in den umliegenden Gärten immer irgendwo heruntergefallene Palmenzweige verbrannt werden, sodass es leicht nach Holz und Feuer riecht. Und dass morgen um 5 Uhr schon der Duft von gebratenem Reis aus der Küche heraufzieht, sodass man Lust aufs Mittagessen bekommt. Sogar das frühe Aufstehen hat hier etwas für sich: Die Luft ist zu dieser Zeit klar und beinahe frisch und pünktlich, wenn die Mädels um 7 Uhr zur Schule losgegangen sind, wird man auf der Dachterrasse mit einem traumhaften Sonnenaufgang belohnt.

Irgendetwas brennt, kokelt und raucht hier immer

Ich mag die höfliche Art der Menschen, die mir auch schon bei den jüngsten Mädchen im Angels Home auffällt: Sie bedanken sich für jede Kleinigkeit und teilen alles miteinander. Die Aunties sind ebenso herzlich wie die Kinder und haben alle Hebel in Bewegung gesetzt, mir singhalesische Medizin zu besorgen, als eine Erkältung drohte, mich niederzustrecken (die hat dann auch wirklich geholfen). Beeindruckend finde ich, wie taff die Mädchen hier sind: Während in Deutschland wegen jeder winzigen Schramme Krokodilstränen vergossen werden, springen die Kleinen hier auch nach fiesen Stürzen mit blutigen Knien wieder auf und spielen weiter. Generell sind es vor allem Kleinigkeiten, bei denen mein Herz aufgeht: Der Geschmack von Mandarinen. Der Geruch der kleinen weiß-rosa Blüten, die die Mädchen mir schenken. Sonntag konnte man bis spät in die Nacht Gesängen aus dem nahe-gelegenen Tempel lauschen. Die edlen singhalesischen Schriftzeichen. Kurz vor dem Einschlafen den unfassbaren Sternenhimmel und die ziemlich großen Fledermäuse beobachten. Reis und Curry mit den Fingern essen. Vom Essen im Angels Home fange ich an dieser Stelle gar nicht erst an. Das ist einen eigenen Beitrag wert.

Auch einen eigenen Beitrag wert: Die unglaubliche Landschaft

Natürlich gab es auch bei mir Momente, in denen ich mich nicht so wohl gefühlt habe. Wie ich schon mal erwähnt habe, ist man hier als Europäer eine ziemliche Attraktion. Die ständigen Blicke und das Gehupe, das Getuschel hinter dem Rücken oder dass man auf der Straße angesprochen wird, ist schon sehr gewöhnungsbedürftig. Und manchmal fühlt man sich eben doch komisch, wenn sich alle am Esstisch unterhalten und man selbst überhaupt nichts versteht. Ähnliches in den Behörden: Als wir letzte Woche unser Residence Visa beantragen wollten, kamen wir dem Nervenzusammenbruch nahe: Kaum jemand sprach Englisch, das System, wer wann wohin aufgerufen wird, war für uns völlig undurchschaubar, keiner wollte oder konnte Auskunft geben, sodass wir letztendlich sechs Stunden auf dem Amt verbrachten. Aber es ist ein gutes Gefühl, hinterher dann, wenn man weiß, man kann so was regeln.

Hier biegt man von der Hauptstraße ab zum Angels Home

Am Anfang hatte ich auch echt Sorge, dass ich Probleme wegen meines Weinglas-Tattoos bekomme (Frauen und Alkohol ist hier ein sensibles Thema). Ist aber bislang nicht passiert. Als ich mir das erste Mal außerhalb des Kinderheims einen Snack kaufte, bereute ich es eine halbe Stunde später bitter und war mir sicher, dass ich bald mit Salmonellen flach liegen würde. Auch das ist nicht passiert. Generell ist mir noch mal mehr bewusst geworden, dass viele Sorgen und Ängste nur im Kopf real sind und nicht in der Wirklichkeit. Und dass man mit Freundlichkeit und Beharrlichkeit eigentlich immer weiterkommt.

Ich hätte niemals gedacht, dass ich mich auf der anderen Seite der Erde so sehr zu Hause fühlen würde. Aber es ist so. Frank und Julia haben hier wirklich einen ganz besonderen Ort, mit einer tollen Atmosphäre geschaffen. Natürlich vermisse ich meine Familie und meine Freunde. Es ist kein schmerzhaftes Vermissen, das mich jeden Tag quält (ich weiß ja auch, dass ich bald wieder in Deutschland bin), aber es ist schon ungewohnt, nicht mal eben auf einen Kaffee beim besten Freund oder zum Mittagessen bei Mama vorbeischauen zu können. Aber das kann ich ja bald wieder. Solange genieße ich die Zeit hier bei den Engeln.

Love,

Lisi.


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