Drylands Presseartikel

Reis mit Rosinen unter Palmen. 03.01.2011

Einige Kinder haben noch einen sehr guten Kontakt zu einem der beiden Elternteile, zu den Großeltern oder zu Geschwistern, Onkeln und Tanten, müssen aber aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten der Familie in einem Heim untergebracht werden. Auch wenn die meisten Mädchen also das Glück haben, in den Ferien für ein paar Tage dem Heimalltag entfliehen zu können, gibt es immer auch ein paar Wenige, die im Angels Home for Children bleiben müssen, weil es entweder gar keine Angehörigen mehr gibt oder weil die familiären Verhältnisse so schlecht sind, dass man die Kinder nicht einmal kurzzeitig dort unterbringen kann. Mit diesen wenigen Ausnahmen verbrachte die gebürtige Meiningerin die Weihnachtsfeiertage, um auch ihnen zum Fest der Liebe eine kleine Freude zu machen.

Seit August 2007 lebt die 27-Jährige nun schon auf der Insel im Indischen Ozean und kümmert sich dort mit Projektinitiator und Lebenspartner Frank Lieneke um elternlose und vernachlässigte Mädchen. Dabei stellt das Angels Home for Children die erste und bisher einzige Einrichtung des in Lengerich (NRW) registrierten Vereins Dry Lands Project e.V. dar. In den ersten Jahren in einem Mietobjekt realisiert, wurden nach und nach immer mehr Mädchen aufgenommen bis im Jahr 2007 die räumlichen Kapazitäten mit 20 Kindern schließlich ausgeschöpft waren. Da der Bedarf an weiteren Heimplätzen in Sri Lanka jedoch nicht abreißt und die Mietverhältnisse ohnehin zunehmend schwieriger wurden, entschied sich das Team im vergangenen Jahr schließlich dazu, ein eigenes Grundstück zu erwerben und dort ein komplett neues Heim mit Kapazitäten für bis zu 60 Mädchen zu bauen.
Gesagt – getan. In nur ca. 1,5 Jahren Bauzeit entstand auf dem Nachbargrundstück des alten Angels Home for Children ein modernes zweistöckiges Gebäude, welches in Zukunft „Auffangstation“ und „sicherer Hafen“ für solche Kinder sein soll, die in ihrem jungen Leben schon viel zu viel erleben und sehen mussten. In der neuen Einrichtung sollen sie all die schrecklichen Erinnerungen verarbeiten und ihre Kindheit endlich genießen können.
Am 11. Januar 2011 wird es morgens um 9 Uhr soweit sein, die neuen Räumlichkeiten mit Anwesenheit vieler ehrenwerter Gäste feierlich zu eröffnen – ein Ereignis, welches man sich lange herbeigesehnt hat. Auch aus Deutschland haben sich zahlreiche Besucher angemeldet – hauptsächlich Pateneltern und Sponsoren – die bei diesem Event dabei sein möchten. Julia Fischer und ihr Team freuen sich sehr über diese Anteilnahme heißen natürlich auch jeden unangemeldeten Gast recht herzlich willkommen.
Doch wie verbringt man nun eigentlich Weihnachten, so fernab von Schneelandschaften, Thüringer Klößen und Wollsocken? Während sich hierzulande viele Menschen gar nicht vorstellen können, auf all diese Dinge zu verzichten, ist es für die junge Kommunikationspsychologin mittlerweile schon zur Gewohnheit geworden.
In diesem Jahr verbrachten sechs Mädchen die Feiertage im Heim und man versuchte, sich während der Weihnachtszeit besonders intensiv um diese Kinder zu kümmern. So gab es am Heiligen Abend ausnahmsweise mal Pizza zum Abendbrot – für die Mädchen etwas ganz Neues, was sie noch nie zuvor gegessen haben. Später am Abend ging es zur Mitternachtsmesse in die Kirche, eine für die überwiegend katholischen Kinder wichtige Tradition am 24. Dezember. Im Anschluss daran legte man nach sri-lankischem Brauch das Jesuskind in eine selbst gebastelte Krippe und somit war Weihnachten eingeläutet. Den 1. Feiertag widmete Julia Fischer dann voll und ganz ihren Schützlingen. Zum Mittag gab es traditionellen Weihnachtsreis mit Rosinen und dazu Hühnchen, Fischbällchen, Salat und Eiscreme mit frischen Früchten zum Nachtisch. Das alles natürlich barfuß und bei etwa 30 Grad im Schatten. Am Nachmittag wurde dann nach Herzenslust gespielt, gemalt, gebastelt und – wie vermutlich überall auf der Welt – auch Fernsehen geschaut. Während des Abendessens war auch der Weihnachtsmann ganz heimlich, still und leise im Angels Home und hatte für die sechs Daheimgebliebenen Geschenke unter den Baum gelegt. Die Freude bei der anschließenden Bescherung war groß und der gesamte Tag so aufregend, dass man sich bereits um 21 Uhr in den Doppelstockbetten des neuen Gebäudes verkroch. Auch Julia Fischer schlief in dieser Nacht bei ihren Mädchen.

Der zweite Weihnachtsfeiertag war schon wieder ein fast ganz normaler Tag, an dem die Kinder bei einer der Angestellten zum Mittagessen nach Hause eingeladen wurden. Um sie während der Festtage aber nicht nur zu verwöhnen, sondern ihnen auch den Sinn von Weihnachten näherzubringen, haben Julia Fischer und Frank Lieneke in diesem Jahr insgesamt 50 Geschenkbeutelchen vorbereitet, welche die Mädchen am Nachmittag an die armen Fischer-Kinder am Strand verteilt haben. Dazu wurde ihnen erklärt, dass es überall auf der Welt Menschen gibt, denen es noch viel, viel schlechter geht und dass es etwas Gutes ist, wenn man solchen Leuten an Weihnachten eine kleine Freude bereiten kann. Die Mädchen aus dem Angels Home fanden das prima und haben gerne die Sachspenden verteilt.
So ging auch für Julia Fischer das Jahr 2010 dem Ende entgegen und wenn sie auf die vergangenen Monate zurückblickt, ist sie sehr stolz, was sie mit Frank Lieneke und Dank der Hilfe zahlreicher Sponsoren aus Deutschland – hauptsächlich auch aus Meiningen und Umgebung – geschafft hat. Zur Weihnachtszeit wurde ihr besonders bewusst, dass sich die ganzen Mühen und Investitionen gelohnt haben, hat sie ihre Mädchen doch zum ersten Mal so zufrieden in ihren neuen Bettchen schlummern sehen.
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