Drylands Presseartikel

Fröhliches Lachen lässt nicht vergessen

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Sashini - eine aufgeschlossene, freundliche Fünfjährige, die jeden sofort mit ihrem strahlenden Lächeln bezaubert. Hinter diesem Lächeln steckt eine bedrückende Vergangenheit: Sashinis Mutter hat neu geheiratet und das Mädchen mit in die Ehe gebracht.

Die Mutter weiß jedoch noch nicht einmal den Namen ihres neuen Ehemanns. Mit dem neuen Mann hat sie auch ein gemeinsames Kind, das laut den Nachbarn gut behandelt wird - im Gegensatz zu Sashini. Denn das kleine Mädchen weist Brandnarben und weitere Zeichen von Gewalt auf.

Zudem musste Sashini bereits operiert werden, weil sie als kleines Kind keine, in Sri Lanka unbedingt notwendige, Wurmkur bekam.

Dies ist noch nicht einmal das schlimmste von vielen Schicksalen, die die mehr als 50 Mädchen schon in ihren jungen Jahren erlitten haben. Doch sie können neue Hoffnung schöpfen - im Angels Home for Children in Marawila auf Sri Lanka.

Seit dem 19. Juni lebt Inga Sangermann nun dort als Praktikantin und begleitet die Mädchen in ihrem Tagesablauf und wirkt bei der Öffentlichkeitsarbeit für das "Dry Lands Project" mit. Die ersten Tage brachten die vielfältigsten Eindrücke mit sich: Gewöhnung an eine neue Kultur, an einen vollkommen anderen Tagesablauf, an bis dato fremde Menschen und nicht zuletzt an das Klima und an die zahllosen Mücken.

Aber mit Abstand am wichtigsten: an die mehr als 50 Mädchen.

Das Hüpfspiel Talobata

Doch diese machen es einem wirklich leicht, sich dort wohlzufühlen. Neben dem Lernen neuer Kinderspiele, wie dem Hüpfspiel Talobata, bei dem man einen Stein oder einen Mangokern mit dem Fuß von einem Kästchen ins nächste befördern muss und nur mit einem Fuß den Boden berühren darf, dem täglichen Schuluniform-Check, der Unterstützung beim Waschen und der Englisch-Nachhilfe bleibt gar keine Zeit für Heimweh.

Mit dem Leben in Deutschland ist praktisch nichts zu vergleichen: Das tägliche Waschen der Kleidung mit der Hand; das für europäische Gaumen ungewohnt scharfe, trotzdem sehr leckere Essen (Curryreis morgens, Curryreis mittags und Curryreis zum Abendessen); die unfassbare Freundlichkeit der Menschen.

Es sind Herausforderungen, die Inga Sangermann in ihren bisherigen Praktika in Schulen oder bei der Nachhilfe in Deutschland nicht gestellt wurden: Konnte sie zuvor im Notfall bei Verständnis- oder Grammatikproblemen zur Erklärung eben ins Deutsche wechseln, ist das nicht mehr möglich.

Verstehen die Mädchen etwas nicht, muss sie mit Umschreibungen, mit Händen und Füßen erklären. Denn Singhalesisch ist verdammt schwer - das lernt man nicht in ein paar Wochen. Druckt man in Deutschland schnell ein Arbeitsblatt aus, um es zu vervielfältigen oder als Folie auf den Overheadprojektor zu legen, bereitet man nun jedes Heft einzeln vor, gestaltet Arbeitsblätter per Hand oder nutzt eben doch die gute alte Tafel.

Beim täglichen Zusammenleben mit den Mädchen kommen immer wieder neue Fragen auf. Wie schaffen es Sashini und die anderen Mädchen, trotz ihren teilweise bedrückenden Vergangenheiten, jeden Tag mit einem Lächeln zu beginnen?

Wie schaffen sie es, anderen Menschen wieder zu vertrauen, nachdem ihr Vertrauen doch derartig missbraucht wurde? Und wie schaffen es die beiden Organisatoren, Julia Fischer und Frank Lieneke, ihrer ehrenamtlichen Arbeit Tag für Tag motiviert nachzugehen? Vor diesen Beiden kann man nur den Hut ziehen. So organisieren sie einerseits die komplette Verwaltung und das Management in Deutschland und auch in Sri Lanka, haben aber andererseits auch immer ein offenes Ohr für die Mädchen und die Praktikantinnen.

Die Organisation finanziert sich ausschließlich durch private Spendengelder aus Deutschland und erhält keinerlei staatliche Unterstützung. Alle ein- und ausgehenden Gelder werden auf den Cent genau auf der Homepage veröffentlicht: Transparenz wird dort großgeschrieben.

Da das "Dry Lands Project" ein gemeinnütziger eingetragener Verein ist, kann es zudem Spendenquittungen ausstellen. Stets gesucht werden Kinder- und insbesondere Projektpatenschaften.

Das nach dem Tsunami 2004 initiierte Projekt, von den Einheimischen zunächst mit Argwohn beobachtet, kann sich dank des Engagements von Julia und Frank und der Spenden aus Deutschland mittlerweile wirklich sehen lassen: Räumlichkeiten, Lebensbedingungen, Ernährung und Hygiene sind auf einem zwar einfachen, aber für singhalesische Verhältnisse sehr guten Niveau.

Tiefe seelische Wunden

Alle Mädels besuchen die Schule und haben Zukunftsperspektiven, von denen sie vor ihrer "Angels-Home"-Zeit nur träumen konnten. Aber es gibt noch so viel zu tun. Als nächstgrößere, notwendige Anschaffung ist ein Kleinbus für den Schultransport der Mädchen angedacht. Hierfür werden noch Spenden benötigt.

Die Kinder bräuchten Unterstützung durch professionelle singhalesisch sprechende Psychologen. Denn mit ihrem strahlenden Lächeln können sie ihre tiefen seelischen Wunden bestenfalls überdecken, aber niemals heilen. Inga Sangermann ist sehr gespannt, was die nächsten Wochen bringen werden. Sie wird darüber berichten.

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