Drylands Presseartikel

Ein Kinderlachen, das so viel zurückgibt.

Hildburghausen/Meiningen – Die klirrende Kälte beißt sich durch die Jacke von Julia Fischer. Sie friert in Deutschland. Kein Wunder. Dort, wo sie sonst wohnt, sind es an die 40 Grad im Schatten. Schnee und Kälte sind in Sri Lanka Fremdwörter. Julia Fischer lächelt dennoch und gibt zu: „Ab und zu ist es aber doch schön, Schnee zu sehen.“

Seit zehn Jahren lebt die 34-Jährige nun schon in Sri Lanka. Gemeinsam mit ihrem Partner Frank Lieneke hat sie dort ein Kinderheim aufgebaut, das sich mit Hilfe des Dry Lands Project e.V., einem gemeinnützigen Verein, stetig weiterentwickelt. Der Startschuss fiel im Jahr 2006.

Da war Julia Fischer allerdings noch nicht dabei. Doch viel fehlte nicht. Denn es war im August 2006, als sie das „Angels Home for Children“, ein Kinderheim für Mädchen, zum ersten Mal betrat. „Ich war dabei, in Görlitz Kommunikationspsychologie zu studieren – und war auf der Suche nach einem passenden Ort für mein vierwöchiges Praktikum“, erzählt sie. Im Internet hat sie diesen gefunden – auf Frank Lienekes Homepage. Und dann ging alles sehr schnell. Sie hatte die Zusage, flog hin und war fasziniert von dem, was sie vorfand: Vom Kinderheim, das sich im Aufbau befand und von den unzähligen Ideen, die Lieneke im Kopf herumschwirrten. „Ich habe gesehen, dass man mit relativ wenig so viel bewegen kann“, erzählt sie.

Zurück in Deutschland plagte sie „Heimweh“. Heimweh nach Sri Lanka. Und so entschloss sie sich, Vollgas zu geben und ihr Studium abzuschließen. Im Sommer 2007 kehrte sie dann zurück in das Land, zu dem sie schon als Kind ein besonderes Verhältnis hatte. Einmal sei sie dort gewesen – mit den Eltern. All inclusive. Sie wollte wieder zurück – und hat sich diesen Traum erfüllt.

„Ich habe gesehen, dass man mit relativ wenig so viel bewegen kann.“

Julia Fischer begleitete die weitere Entwicklung des „Angels Home“ intensiv mit – beanspruchte für sich lediglich ein Dach über dem Kopf und das, was sie unbedingt zum Leben brauchte. Nichts weiter. Sie und Frank Lieneke konzentrierten sich darauf, Mädchen eine Heimat zu geben. Warum? „Mädchen und Frauen haben einen schlechteren Stand in der Gesellschaft als Jungs und Männer. Viele gehen gar nicht oder nur unregelmäßig in die Schule. Am Ende steht die Mehrzahl ohne Abschluss da“, weiß die 34-Jährige.

Waren es anfangs zwei Kinder, die betreut wurden, sind es heute 60 Mädchen im Alter von fünf bis 18 Jahre. Zahlte der Verein anfangs Miete, wohnen die Kids nun im eigenen Haus. Ein neues Kinderheim wurde gebaut – im Januar 2011. „Das war Dank einer großen Spende eines deutschen Unternehmens möglich“, erzählt die sympathische Frau. Im Mai 2013 kauften sie ein weiteres Grundstück und im Juni 2014 begann der Bau für die Ausbildungswerkstatt. „Wir wollten den Mädchen etwas Praktisches mit auf den Weg geben“, sagt Julia Fischer. Anfangs waren es Computer-, Tanz- oder Kochkurse, die die Mädchen besuchen konnten. Und im Garten durften sie sich nützlich machen. „Dann kam uns der Gedanke, es professioneller aufzuziehen und eine Berufsausbildung anzubieten.“ Gesagt, getan. Seit April 2015 wird in den Bereichen Schneiderei, Kosmetik und Frisör ausgebildet.

Wenn sie von „ihren Kindern“ erzählt, dann leuchten ihre Augen. Sie liebt ihre Arbeit. Doch eigentlich, sagt sie mit einem Lächeln, wollte sie nie etwas mit Kindern machen. „In Deutschland könnte ich mir das auch nicht vorstellen.“ In Sri Lanka geht’s nicht ohne. Warum? „Bei uns“, sagt sie und spricht längst von Sri Lanka als Zuhause, „sind Kinder dankbar für jedes bisschen Aufmerksamkeit. Und man bekommt so viel zurück.“ Das bestätigen auch die Praktikanten, die im Kinderheim helfen. „Sie sagen, sie wüssten nicht, ob sie mehr von den Kindern lernen oder umgekehrt.“

„In die Hände einer Organisation würden wir das Kinderheim nicht geben.“

Julia Fischer gibt viel und bekommt viel zurück. Dennoch hat sie sich nun entschieden, wieder öfter Zwischenstopps in Deutschland einzulegen. „Das permanente Leben in Sri Lanka geht an die Substanz. „Was mir vor allem fehlt, sind Freunde, mit denen man mal Kaffee trinken, sich unterhalten oder ins Theater gehen kann. Drei Monate hier – drei Monate in Sri Lanka, das wär‘s für mich.“ Seit Juli 2017 hat sie eine Wohnung in Erfurt und von dort aus promotet sie das Dry Lands Project. Seit dem 17. Januar ist sie wieder in Deutschland – und seit dem ersten Tag plagt sie auch das Heimweh. Der vierteljährliche Zwischenstopp in Deutschland ist für sie wichtig, aber auch fürs Projekt. Julia Fischer geht auf Werbetour, erzählt die Geschichte des „Angels Home for Children“ und sorgt dafür, dass das Kinderheim weiter finanziert werden kann: Mit Hilfe von Paten für Kinder, für Projekte und Spenden von Unternehmen. Ein schwieriges, zähes Geschäft. Etwa 120 Patenschaften existieren – und damit eine regelmäßige Einnahmequelle.

Die braucht Julia Fischer auch während ihrer Deutschlandaufenthalte. Sie jobbt an einer Baumarkt-Kasse, um sich über Wasser halten zu können. Das, was in Sri Lanka ein „auskömmliches Gehalt ist“, reicht in Deutschland „nicht hinten und nicht vorne.“

In Sri Lanka teilt sie sich mit Frank Lieneke eine Wohnung, die Arbeit und ihr Leben. Gemeinsam haben sie 17 Mädchen gehen sehen. „Es ist schwer, wird aber leichter“, erzählt sie. Einige Kontakte bleiben. Und dann leuchten die Augen der 34-Jährigen. Sie erzählt von einem Mädchen, das zurzeit den höheren Schulabschluss absolviert. „So etwas wie das Abi.“ Das freut sie sehr.

Was sie sich für die Zukunft ihres „Angels Home for Children“ in Marawila wünscht? „Erst einmal hoffe ich, dass es noch lange existiert. In die Hände einer Organisation würden wir das Kinderheim nicht geben.“ Das sagt sie bestimmt. Doch wie es weitergeht, das hängt auch von der Spendenbereitschaft ihrer Landsleute ab. „Jede Spende kommt direkt im Angels Home in Sri Lanka an,“ sagt Julia Fischer und lächelt. Vielleicht denkt sie an Sri Lanka? Vielleicht an den 15. April. Dann geht’s für sie „zurück nach Hause“, zurück in die Wärme.

Dry Lands Project e.V.

  • Wer Näheres über den Verein Dry Lands Project e.V. wissen möchte, der findet die gesammelten Informationen im Internet unter www.dry-lands.org. Konkrete Fragen werden beantwortet unter der E-Mail-Adresse: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein..
  • Unterstützen kann man dieses Projekt mit einer Spende: Spendenkonto: Stadtsparkasse Lengerich, IBAN: DE9640154476 00010987 22, BIC: WELADED1LEN. Spendenquittungen werden ausgestellt.

Julia Fischer erzählt

Seit zehn Jahren betreibt Julia Fischer gemeinsam mit ihrem Partner Frank Lieneke ein Kinderheim auf Sri Lanka. Die gebürtige Meiningerin ist zurzeit in Deutschland, um von ihren Erfahrungen zu berichten und Spenden für die weitere Arbeit in Sri Lanka zu sammeln. Am heutigen Dienstag, 27. Februar, um 19.30 Uhr ist sie zu Gast in der Kreisstadt. Im Dr. Elise-Pampe-Heim in Hildburghausen wird sie vom „Leben in einem Kinderheim in Sri Lanka“, einem Projekt, das ihr sehr viel bedeutet, erzählen. Viele Bilder hat sie  mitgebracht. Eintritt: frei – Spenden sind willkommen.

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