Es ist abends nach dem Zähneputzen und die Mädchen betteln mal wieder noch darum in die Bücherei zu dürfen.

Doch nicht um sich eine Gutenachtgeschichte vorlesen zu lassen. Die Mädchen möchten die alten Fotoalben betrachten, die ihnen ehemalige Praktikantinnen zugeschickt haben. Als ich das erste Mal mit den Mädchen in ihren Erinnerungen schwelgte, war ich fasziniert von den liebevollen Alben. Sogar ein Memory mit Bildern der Mädchen war dabei. Auch wenn hier schon ca. 100 Praktikantinnen waren, die Mädchen sprechen immer wieder von ihnen. Sie erinnern sich an die Eigenarten, an die Spiele die sie mit ihnen gespielt haben und an vieles was sie mit ihnen erlebt haben. Sie erzählen von Besuchern, die die Praktikantinnen abgeholt haben und von ihrer Traurigkeit am letzten Tag vor dem Abschied.

Auch wenn die Großen schon viele Abschiede erlebt haben, ist jeder immer wieder anders. Sie haben sich daran gewöhnt und das ist auch gut, aber auch sie unterhalten sich viel über Praktikantinnen und genießen es die Fotoalben zu durchstöbern. Für die Mädchen sind es die Erinnerungen an ihre Kindheit und nicht nur an die Praktikantinnen. Die Erinnerungen an das erste aufgeschlagene Knie, die Einschulung oder an den ersten Ausflug. Es sind wertvolle Momente an die sie gerne zurückdenken und die sie gerne teilen. Diese Bücher sind für die Mädchen so viel mehr als ihr für möglich halten würdet. Sie haben keine Eltern die für sie liebevoll Alben anlegen und sie stolz fotografieren. Das machen Frank, Julia, die Praktikantinnen und Mitarbeiterinnen um den Mädchen die wertvolle Erfahrung des Erinnerns nicht vorzuenthalten. 

Viele Praktikantinnen beschäftigt in ihrer Zeit hier, dass sie irgendwann in Vergessenheit geraten. Dass sie für die Mädchen nur eine von vielen sind, während die Mädchen für sie etwas ganz Besonderes sind. Doch spreche ich mit den Mädchen fallen häufig unterschiedlichste Namen, von jedem Kind eben andere. Von jedem Kind die Namen, die ihnen am präsentesten sind. Und so geht es uns doch allen im Leben. Manche Gesichter verblassen schneller und manche Namen merken wir uns ein Leben lang. Das bedeutet aber nicht, dass wir die Ereignisse und Erfahrungen mit den anderen Menschen nicht in unserem Herzen tragen, dass sie uns nicht beeinflusst hätten. Denn jede Praktikantin hinterlässt hier auf eine ganz eigene, besondere Weise ihre Fußabdrücke.

Liebe Grüße,

Valentina