Drylands Presseartikel

Geschichte vom kleinen Schmetterling

Sri Lanka hat es der Meiningerin Susi Klapka angetan. Sie liebt Land und Leute und unterstützt zwei Mädchen vor Ort nicht nur finanziell. Die Mitarbeiterin der Lebenshilfe erzählt, wie sie zu einem Patenkind gekommen ist. Von Kerstin Hädicke

Meiningen – Vishmika aus Sri Lanka ist gerade mal neun Jahre jung, da hat sie Glück im Unglück. Ihre ersten Lebensjahre musste sie in bitterer Armut verbringen. Schläge und psychische Gewalt waren an der Tagesordnung. Die Mutter selbst bat das Jugendamt, sich um ihr Mädchen zu kümmern – sie hatte Angst um das Leben ihres Kindes. So kam die Kleine in das Angels Home in Marawila. Das Kinderheim für Mädchen, das Frank Lieneke und die Meiningerin Julia Fischer im Rahmen ihres Dry Lands Project e.V. betreiben. Und gerade diese kleine, zarte, schwarzhaarige Vishmika wird das Patenkind der Meiningerin Susanne Klapka.

Bild1Vishmika weint nicht, zeigt kein Heimweh. Sie fühlt sich einfach nur wohl in ihrem neuen Zuhause im Angels Home, weiß Susanne Klapka zu berichten. „Und das vom ersten Tag an. Sie ist richtig aufgeblüht. Ich nenne sie ,mein kleiner Schmetterling‘. Im Januar 2018 durfte ich sie dann persönlich kennenlernen“, erzählt die Patentante mit strahlenden Augen.

Ein Rückblick

Wie aber kommt eine Meiningerin zu einem Patenkind in Sri Lanka? „Das ist eine Familiengeschichte“, lacht Susanne Klapka. Es folgt ein Rückblick:

„Meine Eltern, Wolfgang und Christel Heurich, fahren seit der Wende regelmäßig nach Sri Lanka. Nicht etwa auf Touristenwegen, sondern um Land und Leute kennenzulernen. Sie haben immer den Kontakt zu den Einheimischen gesucht. Und pflegen dabei auch enge Beziehungen zum Dry Lands Project. Schließlich ist die Julia ja auch aus Meiningen!“

So lernten die Heurichs in einer mehr als ärmlichen Hütte am Strand – „mit einer Küche, in die man keinen Hund eingesperrt hätte“ – auch eine junge Familie kennen. Der Mann spielte fortan den Gästeführer für die Deutschen. Die wiederum halfen mit Geld und anderen Zuwendungen. Eine Freundschaft entstand.

Suche nach Tsunami

„Nach dem Tsunami war die Hütte natürlich weggespült und kaputt. Meine Eltern suchten nach den Bewohnern und fanden sie dann auch. Der Mann hatte ein Bein verloren, sein Glasboot und damit seine Lebensgrundlage und seinen Lebensmut – er verfiel dem Alkohol. Die Frau setzte ihn vor die Tür.“ Doch Nadeecha, die Tochter, ließ sich von dem Leid nicht kleinkriegen. „Meine Eltern hatten sie ins Herz geschlossen. Sie sahen ihre Klugheit und ihre Kraft. Obwohl deren Mutter nicht wollte, dass Nedeecha in die Schule geht – sie sollte lieber am Strand Kokosnüsse an die Touristen verkaufen –, überzeugten meine Eltern Kind und Mutter vom Gegenteil. Heute ist Nadeecha 23 Jahre alt, genauso wie meine Tochter. Sie studiert Oberstufenlehrerin. Auch ich fühlte mich ihr allein schon wegen der Erzählungen meiner Eltern sehr verbunden und sehe sie wie eine kleine Schwester an.“

Susanne Klapka hält nach wie vor engen Kontakt zu der jungen Frau, schickt Geld. Und Susannes Eltern, die selbst wahrlich nicht „im Geld schwimmen“, haben nach dem Tsunami finanziell dafür gesorgt, dass Nadeecha ein neues Haus bekommt.

„Letztlich aber hatten meine Eltern mir immer so vorgeschwärmt von Sri Lanka und ihrer Nadeecha, dass ich eines Tages sagte: Okay, das will ich mir jetzt selber angucken!“ So fuhr Susanne Klapka 2014 mit ihrem Vati erstmals nach Sri Lanka „und ich hab mich gleich verliebt in dieses Land. Ich dachte schon das erste Mal, das ist mein Zuhause. Hab mich verliebt in die Wärme, die Singalesen und ihre große Herzlichkeit. Ich wusste ja schon immer, ich bin auf dem falschen Kontinent geboren ...“

Natürlich stand auf dem Reiseprogramm ganz oben Marawila und das Angels Home. Julia Fischer wirbt in Meiningen seit Jahren um Spenden und um Patenschaften für „ihre“ Mädchen. Denn die Finanzierung des Projektes heißt auch stets „Klinkenputzen“ für den Verein.

Im Heim angekommen freute sich Susanne Klapka: „Da sind die Papageien über die Mauer gehüpft! Ich hatte noch nichts weiter vom Land gesehen und es hatte es mir gleich angetan. Und so kam in mir die Idee hoch: Ich möchte auch ein Patenkind haben! “

Auch wenn Susanne Klapka zunächst auf die Warteliste kam: Den monatlichen Dauerauftrag für eine Spende an das Angels Home füllte sie sofort aus. „Als ich damals nach Hause zurückkam und so begeistert erzählte, wunderte sich mein Mann, dass ich nicht gleich zwei Kinder aus Sri Lanka im Koffer hatte“, lacht die Meiningerin augenzwinkernd. Eine Fotoausstellung im Langen Bau zu Dreißigacker war im Übrigen das künstlerische Resultat der damaligen Reise.

Zurück im Jahr 2018. „Ich war ganz hippelig! Als mein Vater und ich im Angels Home ankamen, war Vishmika noch in der Schule. Und dann stand sie vor mir! Mit einem Strauß Blumen, das war schön! Mein Patenkind hatte ihr schönstes Kleid angezogen. Natürlich war sie zunächst sehr zurückhaltend. Doch es dauerte nicht lange, da nahm sie mich an der Hand und zeigte mir ihr neues Zuhause.“

Susanne Klapka berichtet schmunzelnd von ihrem Schulenglisch und dem Englisch der Kleinen, „das ist noch schlechter als meins. Wir haben viel gelacht. Mit Händen und Füßen und ganz vielen Gesten und einem Block zum Aufmalen von Bildern zu Worten haben wir uns bestens verstanden.“

Im Zumba-Fieber

Bild2Und spätestens, als die sportliche und in Meiningen ehrenamtliche Zumba-Trainerin Susanne Klapka mit den Mädchen im Heim Zumba tanzte, war das Eis vollends gebrochen. „Für die Singhalesen sind ja deutsche, blonde Frauen der Inbegriff für Unbeweglichkeit. Die Mädchen haben dann nicht schlecht gestaunt, als sie sahen, wie ich die Hüften schwingen und den Oberkörper wiegen kann! Das Zumba-Fieber hielt dann im Angels Home übrigens noch an, als ich schon lange wieder zu Hause war.“

Schöne Erlebnisse waren in ihrem Gepäck – aber auch verwirrende... „So wie mich die Mücken zu Hause lieben, so haben mich die Moskitos in Sri Lanka geliebt“, sinniert Susanne Klapka. Und es kam, wie es kommen musste: „Ich wurde gestochen am Knöchel und der wurde dick und dicker. Und das mitten im Dschungel, ein Krankenhaus weit und breit nicht in Sicht. Da blieb nur der Dschungel-Doktor vor Ort. Der saß in einer Baracke mit vergittertem Fenster. Dort stank es so bestialisch, als hätte jemand ein abgetrenntes Bein im Papierkorb liegengelassen... Die Fliegen jedenfalls mochten das. Wir kämpften mit wedelnden Armen dagegen an. Der Arzt aber zeigte sich zuversichtlich und legte mir sogar eine frische Zeitung unter mein Bein! Mir war das dann alles egal, ich hatte wohl mehr Angst, was in meinem Knöchel sein könnte, als vor dem, was mit der Spritze oder dem Skalpell wohl ist... Naja, zu Hause stellt der Arzt dann Streptokokken fest.“ Der Knöchel aber scheint geheilt.

Kribbelbunte Weihnacht

Gerade jetzt in der kalten deutschen Jahres- und Weihnachtszeit denkt Susanne Klapka viel an Vishmika. „Die meisten Mädchen im Angels Home sind buddhistisch. Doch im Angels Home gibt es immer einen Weihnachtsbaum und eine -Krippe zu Weihnachten. Alles aber kribbelbunt. Julia und Frank hauchen das dortige Weihnachten eben ein bisschen christlich an. Es gibt eine Mitternachtsmesse und Feuerwerk. Und in der Nacht vom 24. zum 25. Dezember wird das selbst gebastelte Jesuskind in die Krippe gelegt. Die Mädchen feiern dann mit Tee und Gebäck die Geburt des Jesus-Kindes. Und am 25. Dezember gehen alle Mädchen gemeinsam auswärts essen. Geschenke wie bei uns gibt es an Weihnachten nicht und der 26. Dezember ist auch kein Feiertag mehr.“

Silvesterparty

Aber am 31. Dezember ist immer eine große Weihnachts- und Silvesterparty geplant! Trotz allem, so Susanne Klapka, vermisse die Meiningerin Julia Fischer alle Jahre wieder die Thüringer Klöße und den Weihnachtsbraten, auf den sie im Angels Home natürlich verzichten muss.

Den nächsten Besuch bei ihrem „kleinen Schmetterling“ plant Susanne Klapka für Januar 2020. Bis dahin versorgt sie Julia Fischer regelmäßig mit Bildern und Geschichten aus dem Leben von Vishmika und dem Angels Home. „Es ist schon toll, was Technik alles möglich macht! So kann ich sehen, wie sich mein Patenkind entwickelt und weiß ganz genau, was mit meinen Zuwendungen geschieht.“

Vom Nutella-Glas über aufblasbare Schwimmbälle und Ohrringe bis hin zu Bastelmaterial hat die Meiningerin schon vieles auf die Reise ins ferne Paradies im Indischen Ozean geschickt.

Dry Lands Project e.V. und Kinderheim Angels Home in Marawila

  • Bild3Auch Susanne Klapkas Vater Wolfgang Heurich unterstützt seit Jahren das Dry Lands Project e.V. von Frank Lieneke und der Meiningerin Julia Fischer. Er stellt in der eigenen Küche Marmelade her und verkauft sie unter anderem auf dem Meininger Weihnachtsmarkt. Der Verkaufserlös geht geradewegs nach Sri Lanka. Auch um mitzuhelfen, den Weiterbestand des Mädchen-Kinderheimes Angels Home in Marawila zu sichern. Wolfgang Heurich hat 2018 ebenso Holzspielzeug gebaut, dessen Verkauf genauso dem Projekt zugute kommt. „Meine Eltern haben ja auch nicht viel Geld. Aber die Hilfe ist ihnen einfach Herzenssache!“, so Susanne Klapka.
  • „Sri Lanka ist an sich ein so reiches Land. Hier gibt es Pflanzen, Obst, Bodenschätze. Und dennoch herrscht dort so große Armut. Wir können helfen, sie etwas zu lindern.“ Auch wenn in Deutschland viel gebarmt werde: „Wir haben immer etwas übrig, das wir abgeben können“, sagt Susanne Klapka.
  • So können interessierte Menschen beim Verein Dry Lands Project – einer Kinderhilfe für Sri Lanka – eine Kinderpatenschaft für das Angels Home for Children in Marawila (Sri Lanka) übernehmen. Ein entsprechendes Patenschaftsformular findet man auf der Homepage des Vereins: www.dry-lands.org
  • Wer spenden möchte, kann auf ein Spendenkonto überweisen: Kontoinhaber: Dry Lands Project e.V. / Kreditinstitut: Stadtsparkasse Lengerich / IBAN: DE96401544760001098722 / SWIFT-BIC: WELADED1LEN
  • Der Verein Dry Lands Project ist eine gemeinnützige Hilfsorganisation, die sich für nachhaltige Entwicklungshilfe in Sri Lanka einsetzt. Der Verein betreibt in der Nordwestprovinz Sri Lankas, im Fischerort Marawila, das Kinderheim Angels Home for Children sowie die berufliche Ausbildungsstätte Angels Training and Education Center, um den Mädchen und jungen Frauen eine berufliche Zukunft mit einem eigenen Einkommen zu gewährleisten.
  • Der Deutsche Frank Lieneke hatte den Verein 2005 ins Leben gerufen. Er formte aus einer einstigen Tsunami-Sofortmaßnahme ein langfristiges Projekt, das sich der Hilfe für elternlose und vernachlässigte Kinder in Sri Lanka verschrieben hat.

Quelle: FW Meininger Tageblatt vom 30.12.2018

 

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